Interview zum Abschied

Verabschiedung OKR Bierbaum
Bildrechte Die Zeitung

mit Herrn Detlev Bierbaum anlässlich seines bevorstehenden Wechsels in den Ruhestand

1. Lieber Herr Bierbaum, Sie waren viele Jahre als Oberkirchenrat für uns zuständig und haben auch immer wieder an unseren Mitgliederversammlungen teilgenommen. Mit welchen Gefühlen sind Sie nach Heilsbronn gekommen?

Das war in den vergangenen Jahren unterschiedlich. In der Beziehung zwischen dem VERK und dem Landeskirchenamt gab es stürmische Zeiten und ruhige, produktive. Und das ist auch gut so – ein Berufsverband hat nun gerade mal nicht die Aufgabe, für größtmögliche Harmonie mit der „Arbeitgeberseite“ zu sorgen.

Insofern gab es Mitgliederversammlungen, in denen wir uns teilweise heftiger Kritik stellen mussten. Angenehm ist dies nicht. Dabei hat die Kritik Versäumnisse der Landeskirche insbesondere im Blick auf die Berufsgruppe der Religionspädagog*innen in den letzten Jahrzehnten zu Recht zutage gefördert. Denn es gab Ungereimtheiten bezüglich des Profils dieser Berufsgruppe. Die Landeskirche war hier ganz am Anfang, schon in den 70er Jahren, nicht eindeutig. Da jetzt vieles eine grundlegende Korrektur erfahren hat, geht es produktiv und zukunftsorientiert weiter.

In den letzten Jahren folgte – so jedenfalls nehme ich es wahr – den „Sturm-und-Drang-Zeiten“ eine zunehmend kritisch-konstruktive und sehr kreative Phase, wo wir gemeinsam darüber nachdachten – natürlich jeweils von der eigenen Rolle und Perspektive herkommend –, wie sich die Rahmenbedingungen für die beiden Berufsgruppen verändern, verbessern lassen. Gerade die letzte Mitgliederversammlung habe ich in bester Erinnerung – natürlich nicht zuletzt wegen meiner Verabschiedung, die so liebevoll vorbereitet war. Hier konnten wir Erfolge feiern und gemeinsam sehr konstruktiv Probleme und Herausforderungen diskutieren; z.B. fragten wir danach, warum hoch spannende Stellen für Rel.Päds auf keine oder nur wenige Bewerbungen aus der Berufsgruppe treffen. Es gab hier für mich aus der Mitgliederversammlung heraus erhellende und weiterführende Antworten.


2. Was schätzen Sie am VERK?

Der VERK setzt sich mit großer Entschlossenheit, Kreativität und hohem Engagement für die Interessen der Religionspädagog*innen und Katechet*innen ein. Er stellt kritische, ja, auch sehr unbequeme Fragen, ist dabei aber – und das habe ich durch all die Jahre hindurch sehr zu schätzen gewusst – stets der Landeskirche ein loyaler Partner. Unbeirrbar und konsequent verfolgt der Vorstand mit Herrn Löhner und Frau Mauer an der Spitze die Ziele des VERK; das ist – wie schon gesagt – nicht immer bequem für uns; dieser entschlossene Einsatz ist aber eben auch gepaart mit Fingerspitzengefühl für das Machbare, mit Verständnis, viel Humor und Diplomatie.

Von daher ist es mir auch eine besondere Freude, dass dem Berufsverband jetzt eine ganze Stelle zur Verfügung steht, damit – neben all dem ehrenamtlichen Engagement – die Vorstandsarbeit professionell geleistet werden kann.

 

3. Über welche „Erfolge“ der vergangenen Jahre freuen Sie sich mit uns?

Ich unterscheide zwischen Durchbrüchen und Erfolgen.

Ein Durchbruch war das sog. Ausweitungskontingent für Religionspädagogen/innen, von dem die damalige Vorsitzende des VERK, Gerlinde Tröbs, die Augsburger Synode 2012 überzeugen konnte. Ein Durchbruch, weil damit endlich ein wesentliches Instrument gegen die zergliederten Einsätze zur Verfügung steht. Stunden aus dem Ausweitungskontingent für Projektarbeit u.Ä. können gewährt werden, um einen vielleicht fünften oder sechsten Schuleinsatz zu vermeiden. An dieser Frage – zergliederte Einsätze – müssen wir aber gemeinsam noch weiterarbeiten.

Ich freue mich auch, dass wir mit Unterstützung der Synode das Engagement der Kirche im Lebensraum Schule gewaltig ausbauen konnten – 3+3+3 Stellen stehen uns für schulbezogene Jugendarbeit, Schulseelsorge und Ganztagsschularbeit zur Verfügung.

Dass Religionspädagog*innen seit 2012 zur öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung durch Beauftragung berufen werden können, dass dies nun auch für Katechet*innen möglich ist und dass beide Berufsgruppen seit 2012 bzw. 2015 in ihren Dienst eingesegnet werden, ist ein Meilenstein im Miteinander der Berufsgruppen.

Als Durchbruch bezeichne ich auch die Erweiterung des Spektrums von Einsatzmöglichkeiten von Religionspädagog*innen: Wir haben zusätzliche Stellen für die Erwachsenenbildung aus dem Ausweitungskontingent geschaffen, Religionspädagog*innen sind vor allem im RU, aber auch im Lebensraum Schule, in der Gemeinde, Jugend, in der spezialisierten Seelsorge – hier freue ich mich besonders auch über den Einsatz in der Polizeiseelsorge –, in der Leitung (Schulreferent*innen), im RPZ usw. tätig. Auch im Landeskirchenamt sind mittlerweile doch einige Religionspädagog*innen eingesetzt. Nein, um es in den Worten unserer Kampagne zu sagen, der Beruf des Rel.Päds ist alles andere als einseitig – er ist überaus vielfältig!

Deshalb gilt es auf die Attraktivität dieses Berufs aufmerksam zu machen: Wir haben – ich habe es eben schon angedeutet – eine große Recruitingkampagne gestartet, um für Nachwuchs zu werben; die Kampagne hat intern m.E. zu einem neuen Selbstbewusstsein der Berufsgruppe der Rel.Päds geführt. Über die nun langsam wieder wachsenden Vorbereitungsdienstgruppen freuen wir uns.

Schließlich ist es nun gelungen, es war ein langer Anmarschweg, die kirchenleitenden Organe für eine berufsgruppenunabhängige Zulage für die Schulreferent*innen – sie sind ja das religionspädagogische Rückgrat der ELKB! – zu gewinnen. Erstmals erhalten damit drei Berufsgruppen dieselbe Vergütung für ihre Leitungsfunktion.

Kleinere Erfolge waren die Anpassung der Arbeitszeit, Neuregelungen im Fahrtkostenersatz, eine großzügigere Gewährung von Anrechnungsstunden bei mehreren Einsatzorten und natürlich der Religionspädagogentalar.

4. Wenn Sie auf die Rolle unserer Berufsgruppen in der Landeskirche schauen. Was ist – Ihrer Meinung nach – offen? Was muss sich ändern, damit Religionspädagog*innen und Katechet*innen ihre Potentiale weiterhin gut für die Menschen in unserer Kirche einsetzen können?

Ich erwarte mir viel von der weiteren Umsetzung der Empfehlungen aus dem Prozess Miteinander der Berufsgruppen, den mein Kollege Prof. Ark Nitsche verantwortet. Echte multiprofessionelle Teams in der Landeskirche, wo alle Berufsgruppen ihre spezifischen Gaben und Kompetenzen gleichberechtigt und in gegenseitiger Wertschätzung einbringen, sind notwendig.

Zudem ist einer meiner Wünsche, dass wir endlich weitere Schritte gehen können, um zu „equal pay“ kommen – Dienst in der Schule, Dienst in der Gemeinde oder auch Dienst auf anderen Feldern ist gleichermaßen anstrengend, fordernd und verlangt hohe Fachkompetenz. Religionspädagog*innen bringen jeweils die adäquate Ausbildung dafür mit.

Auch hoffe ich, dass wir Weiterqualifizierungen für Katechet*innen ermöglichen können, damit sie – wenn sie das wollen – mehr als 13 Wochenstunden unterrichten können; das wäre auch für die Personalplanung der kommenden Jahre ein entscheidender Schritt hinsichtlich der Unterrichtsversorgung.

Ein Herzensanliegen ist mir außerdem, dass unsere Kirche noch stärker als bisher das gewaltige Potential des Religionsunterrichtes erkennt. Hier ist Kirche nahe bei den Menschen – bei jungen Menschen aller gesellschaftlichen Schichten. Hier wird das Evangelium in die bunte Lebenswirklichkeit heutiger Kinder und Jugendlicher hinein kommuniziert. In diesem Zusammenhang äußere ich den Wunsch, dass sich beide Berufsgruppen aktiv in unseren großen Reformprozess „RU 2026“ einbringen.

Nicht zuletzt denke ich, dass wir im Blick auf kirchliche Gremien über neue Partizipationsmodelle nachdenken müssen; wieso sollten nicht auch für andere Berufsgruppen als die der Pfarrer*innen feste Sitze im KV, in der Dekanats- und Landessynode ausgewiesen werden können?

 

5. Was wünschen Sie dem VERK?

Viel, viel Kraft, Ideenreichtum und Phantasie, weiter die Energie und die Leidenschaft, die er bisher über viele Jahrzehnte lang für den Einsatz für seine Berufsgruppen zeigt, kritisches Potential gepaart mit Loyalität für „die Landeskirche“. Und weiterhin ein so gutes, gewinnbringendes, enges und sehr gutes Miteinander mit der Abteilung D und ihrem neuen Leiter Stefan Blumtritt.

 

Vielen Dank!

Das Interview führte Elisabeth Mößler-Emmerling für die Zeitungsredaktion.